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Wird (oder sollte) die eRechnungspflicht für B2B verschoben werden?

Argumente für und gegen eine Einführung der B2B-eRechnung zum 1. Januar 2025

In Deutschland steht eine wichtige Entscheidung an: Muss die verpflichtende Einführung der elektronischen Rechnung im B2B-Bereich gemäß der Norm EN16931 verschoben werden? Diese Debatte wirft zahlreiche Fragen auf, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Im Verlauf dieses Blogbeitrags werfen wir einen Blick auf die Hauptargumente beider Seiten.

Worum geht es bei der verpflichtenden eRechnung überhaupt?

Das Wachstumschancengesetz (WCG) in Deutschland zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken und die wirtschaftliche Situation von Unternehmen zu verbessern. Es wurde am 17. November 2023 vom Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien verabschiedet, allerdings stimmte die Opposition geschlossen dagegen. Da keine Einigung bzw. Kein Kompromiss im Bundesrat zustande gekommen ist und der Bundeshaushalt auf der Kippe stand, verwies man das Gesetz anschließend in den Vermittlungsausschuss.


Die Hauptziele des Wachstumschancengesetzes sind:

  • die Verbesserung der Liquiditätssituation der Unternehmen
  • das Setzen von Impulsen für Investitionen und Innovationen

Das soll die Transformation der Wirtschaft unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit sowie Wachstumschancen am Standort Deutschland stärken. Für den Mittelstand, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die oft von hoher Ertragsbesteuerung betroffen sind, enthält das Gesetz verschiedene Maßnahmen.

Zu den wichtigsten Wachstumsmaßnahmen gehören:

  • Investitionsprämien für klimafreundliche Investitionen
  • Erweiterte steuerliche Forschungsförderung
  • Ausweitung der Körperschaftsbesteuerungsoption
  • Erhöhung der Ist-Besteuerungsgrenze
  • Reform der Thesaurierungsbegünstigungen
  • Erweiterung des Verlustrücktrags
  • Aussetzung der Mindestbesteuerung
  • Anhebung der Grenzen bei der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter​​

Eine bedeutende Änderung, die im Wachstumschancengesetz vorgesehen ist, betrifft die Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung (eRechnung) für inländische Transaktionen voraussichtlich ab 2025. Diese Maßnahme soll zur Vereinfachung und Digitalisierung des Rechnungsverkehrs beitragen und die Effizienz steigern​​.

Doch die Komplett-Umstellung der deutschen Wirtschaft auf den elektronischen Rechnungsaustausch (eInvoicing) binnen weniger Jahre geht so manchem Betroffenen nun deutlich zu schnell – auch wenn damit unter anderem dringend benötigte Mehreinnahmen bei der Umsatzsteuer in zweistelliger Milliardenhöhe für den gebeutelten Staatshaushalt in greifbare Nähe rücken würden.

Doch es stimmt: Eine Verschiebung der verpflichtenden Nutzung der eRechnung im B2B-Bereich in Deutschland kann – je nach Standpunkt und (politischer) Zielsetzung – durchaus Vor- als auch Nachteile mit sich bringen. Fragt sich nur, welche?

    Einerseits gäbe eine weitere zeitliche “Entzerrung” vor allem auch kleineren und mittelständischen Betrieben mehr Zeit, sich auf die Umstellung vorzubereiten und ihre Systeme entsprechend anzupassen. Andererseits könnte eine erhebliche Verschiebung um mehrere Monate oder gar Jahre bedeuten, dass die erhofften Effizienzsteigerungen und Vereinfachungen im Rechnungsverkehr erst später realisiert werden – und Deutschland insgesamt erneut weiter zurückfällt beim Rennen um weniger Bürokratie, Zukunftsfähigkeit und Standortattraktivität.

    Dennoch: Es ist wichtig, dass Unternehmen diesen Übergang sorgfältig planen und sich auf die bevorstehenden Änderungen vorbereiten.

    eRechnungspflicht für B2B in Deutschland: Was für eine Verschiebung spricht!

    • Mehr Zeit für KMUs: Eine Verschiebung würde Unternehmen, vor allem KMUs, einen größeren Zeitrahmen bieten, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. Sie könnten adäquate Lösungen finden und ihre Prozesse entsprechend anpassen.
    • IT-Infrastruktur und politische Unstimmigkeiten: Aufgrund von ViDA und Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat könnte es zu Unsicherheiten in der IT-Infrastruktur kommen. Eine Verschiebung könnte verhindern, dass Unternehmen durch diese Unklarheiten Mehrfachbelastungen erfahren.
    • Anpassung nach Kritik: Frühere Gesetzesentwürfe sahen bestimmte etablierte Prozesse wie EDI als nicht mehr zulässig an. Nach Kritik aus der Wirtschaft gab es jedoch Anpassungen. Diese Diskrepanzen zeigen, dass es noch Klärungsbedarf gibt, insbesondere im Hinblick auf das nationale Meldesystem zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug.

    Warum man am Zeitplan zur Einführung der eRechnungspflicht doch besser festhalten sollte?

    • Keine zusätzliche Zeit notwendig: Viele argumentieren, dass Unternehmen nicht mehr Zeit, sondern eher Zugang zu gesicherten Informationen (Know-how) und Lösungen (Do-how) benötigen, um die eRechnungsverpflichtung umzusetzen.
    • Medienbrüche vermeiden: Ab dem 1. Januar 2025 müssen Rechnungsempfänger eine Rechnung elektronisch annehmen können. Dies könnte zu Medienbrüchen führen, wenn Unternehmen weiterhin Papierrechnungen versenden, was zu Mehrfachbelastungen führen kann.
    • Effizienz und Kostenersparnis: Die vorgezogene Versendung und Empfangsbereitschaft von eRechnungen kann zu erheblichen Einsparungen führen, sowohl in Bezug auf Personal (durch automatisierte Verarbeitung und Prüfung), Zeit als auch Kosten (z. B. Porto).
    • Vorbereitung auf zukünftige Anforderungen: Durch frühzeitige Umsetzung und Planung können Unternehmen Startschwierigkeiten und Komplikationen vermeiden, die bei einer kurzfristigen Einführung auftreten können.
    • Stärkung der Kunden- und Lieferantenbindung: Durch den Einsatz flexibler Lösungen, die verschiedene Formate unterstützen, können Unternehmen besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden und Lieferanten eingehen.

    Daraus resultiert… keine einfache Entscheidung

    Die Entscheidung über eine mögliche Verschiebung des Wachstumschancengesetzes ist komplex. Während eine Verzögerung KMU und anderen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung geben würde, argumentieren Befürworter einer zeitnahen Umsetzung, dass Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen wichtiger sind. Letztendlich muss eine ausgewogene Entscheidung getroffen werden, die sowohl die Bedürfnisse der Wirtschaft als auch die Notwendigkeit einer modernen und effizienten Rechnungsstellung berücksichtigt.

    In Bezug auf die potenzielle Auswirkung des Gesetzes auf das Haushaltsdefizit der deutschen Regierung ist zu beachten, dass Investitionsanreize und Steuervereinfachungen kurzfristig zu geringeren Steuereinnahmen führen können. Langfristig könnte jedoch eine stärkere Wirtschaft zu höheren Steuereinnahmen und damit zu einer Verringerung des Haushaltsdefizits beitragen. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Effektivität der Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und Innovationen, die Reaktion der Unternehmen auf die steuerlichen Anreize, und die allgemeine wirtschaftliche Lage.

    Die Beschleunigung der Implementierung dieser Maßnahmen könnte theoretisch zu schnelleren Investitionen und Innovationen in der deutschen Wirtschaft führen, was potenziell das Wirtschaftswachstum steigert. Ein solches Wachstum könnte wiederum die Steuereinnahmen erhöhen und somit helfen, das Haushaltsdefizit zu reduzieren.


    Über den Autor

    Lars Becher ist Key Account Manager und Subject Matter Expert für eInvoicing und CTC im TRAFFIQX®-Netzwerk bei b4value.net. Er verantwortet als Trainer auch nicht-technische Trainings unterschiedlicher Art und Weise für die TRAFFIQX®-Provider. Seinen Master of Arts (MA) absolvierte er auf der Hochschule Worms.